Die Politik entdeckt den Feminismus in diesem Superwahlkampfjahr. Den Feminismus! Erinnert ihr euch noch? Noch bis vor ein paar Monaten wären Politiker (hier lasse ich mal aus polemischen Gründen das Gendern sein) auf der Stelle ins Gleichgültigkeitskoma gefallen, wenn jemand dieses Wort in den öffentlichen Mund genommen hätte. Aber jetzt, da hängen sie diesen Begriff in ihre Reden wie einen Topf Honig für hungrige Bärinnen. Ihr Lumpenpack! Klar, wir Frauen brauchen die Politik, wenn wir wollen, dass aus unseren formulierten Interessen ein gesetzlich und sozial abgesichertes Sein werden soll. Aber nicht so. Wie sich Rote, Schwarze (Türkise, ähem) und Grüne auf den Feminismus oder das, was sie darunter verstehen, werfen, sollten alle Alarmglocken bei uns läuten. Bei uns in Österreich haben sie spätestens seit dem van-der-Bellen-Wahlkampf gesehen, dass wir Frauen es waren, welche die Wahlen entschieden haben. Und die Feministinnen waren ganz sicher auf seiner Seite. In Deutschland liegen die Dinge ein wenig anders, da ist gegen die Kraft einer gereiften Angela Merkel wenig auszurichten. Aber auch dort hat man mitbekommen, welche große Energie in den Frauen augenblicklich steckt und dass das Wort Feminismus plötzlich und für alle völlig unerwartet nicht mehr wie eine ansteckende unangenehme Krankheit wirkt. Es wäre populistisch, wenn wir glauben, das läge daran, dass in den USA auf besonders perfide Weise verhindert wurde, dass eine Frau Präsidentin wurde und man sogar einen psychisch auffälligen und intellektuell eingeschränkten alten Mann stattdessen akzeptierte. (Übrigens nicht das erstemal. Ronald Reagan war bereits an Alzheimer erkrankt, als er gewählt wurde) Vergessen wir bitte nicht, dass es in Polen, bevor noch das amerikanische Wahldesaster geschah, es Frauen mit gewaltigen Demonstrationen verhindert haben, dass die Regierung die Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen wieder einführte. Nein, eine neue Welle des Feminismus baut sich auf und diesmal sind wir sehr, sehr viele. Unsere internationalen Signale sind augenblicklich so deutlich, dass Spindoktoren aller Parteien (die Faschisten mal ausgenommen, die würden wohl nur Lachstürme ernten) darauf setzen, den Feminismus zu vereinnahmen. Ihr Trittbrettfahrer! Ihr Einschleimer! Ihr Bäuerinnenfänger! Ihr Lumpenpack! Besonders setzt man auf das Mutterthema, und das ist echt obszön. Was will man? Egal ob rot, türkis (ehemals schwarz), rot, grün und blau – sie wollen die Wahl gewinnen. Klar. Sie wollen unsere Stimmen. Klar. Darüber muss man sich nicht aufregen und sich nicht kränken. Das ist part of the game. Also, die Frau, die darauf noch hereinfällt, sollte schleunigst emotional erwachsen werden. Aber abgesehen von herbeiimaginierten Wahlergebnissen, was wollen sie? Auf welchen Knopf drücken sie da? Auf einen gewaltigen Polarisierungsknopf. Den Indoktrinationsknopf. Den ganz, ganz stillen, aber besonders wirksamen Demagogieknopf. Das ist der Superknopf. Da erwischt man gleich alle. Die, welche Kinder haben und die welche keine haben. Die, welche Vollzeit arbeiten und schier kaputtgehen daran, Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen. Und die, welche Teilzeit arbeiten, weil die Familie schließlich vorgeht. Die, welche sich sehnlichst wünschen, sie könnten lange bei ihren kleinen Kindern bleiben, bevor sie wieder arbeiten gehen und die, welche vollkommen geistig vertrocknend danach dürsten, sich wieder beruflich betätigen zu dürfen. Die, welche auf das System Mann setzen und die, welche entweder vergeblich drauf gesetzt oder von vornherein dem Ganzen misstraut haben und deshalb die seltsame Bezeichnung Alleinerziehende verpasst bekommen, jedenfalls offensichtlich nicht mehr Prinzip Familie, die besonders zu schützende Formation im Reiche Patriarchat und Kapitalismus. Ja Frauen, da heißt es aufpassen, denn in diesem Punkt setzt bei euch die automatische Hypnose ein, da könnt ihr gar nichts dafür. Ihr habt schon ganz, ganz früh in eurem Leben gelernt, dass es das natürlichste Bedürfnis der Frau ist, zu heiraten. Dass es das natürlichste Bedürfnis des Menschen ist, sich eine Partnerin oder einen Partner zu suchen und als Zweierbeziehung durchs Leben zu gehen, dass es selbstverständlich kein Klischee und kein Witz ist, wenn Frauen nicht einparken und Männer nicht zuhören können, dass es ein persönliches Versagen ist, wenn Menschen nach zwanzig Jahren gemeinsamen Lebens nicht mehr jeden Tag sexuell am Luster hängen vor lauter Lust aufeinander, dass Frauen den Haushalt halt von Natur aus leichter im Griff haben und so weiter. Aber irgendetwas geht so nicht weiter. Das ist in den Köpfen von sehr, sehr vielen angekommen. Und da setzt das Lumpenpack an und drückt auf den Knopf. Warum ich sie als Lumpenpack bezeichne? Weil wir Frauen gerade instrumentalisiert werden. Von allen Parteien. Was ist zu tun? Stark bleiben. Unbeirrbar bleiben. Den Spieß umdrehen und sie benutzen. So herum übrigens völlig legitim. Sie sind das Personal. Wir ihre Arbeitgeberinnen. So herum nennt man es Demokratie. Umgekehrt, so wie sie es gerade versuchen, ist es Autokratie. Das könnte denen so passen.
Ein Gedanke zu „Trittbrettfahrer, Einschleimer, Bäuerinnenfänger! Lumpenpack! – eine Polemik“
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ja, es ist so, es ist lumpenpack, ich stimme dem vollkommen zu. es klingt ja auch zu verlockend, welche parteien da plötzlich feministische anliegen aufgreifen und von frauenanliegen und so faseln. meine gegenimpfung ist jetzt, nachdem ich wiederholt fast aus dem leim gegangen wäre bzw. auf den leim dieses gefasels, mir sehr kühl zu überlegen, was die einzelnen parteien in österreich denn so gemacht haben für die frauen in den letzten sagen wir mal fünf jahren. was ist konkret im sinne der frauen geschehen. das ergebnis ist wohl mehr als mager, wohl eher wurden erneut grausamkeiten gegen frauen entschieden und durchgesetzt, vor allem die neue pensionsregelung, die tausende frauen in die armutsfalle führen wird, a ll e parteien haben das durchgewunken, nirgends auch nur der geringste widerstand, es wurde angezettelt frauen die kinder haben gegen die, die keine haben – auszuspielen, es gibt gelaber über sogenannte teilzeitfallen vor allem in frauenjobs (es gibt kaum andere angebote am arbeitsmarkt), es gab sogenannte frauenministerinnen, die zumindest unter meiner wahrnehmungsschwelle blieben und allenfalls unnötige studien über die ungerechte einkommensschere zwischen männern und frauen erstellen ließen und andere dinge, die seit jahren und aberjahren bekannt sind, usw. usw. never ending story. sehr beliebt übrigens, wenn ein problem nicht mehr wegdiskutierbar ist, zur abwechslung mal eine studie machen zu lassen, ist ja egal wenns die hundertste zum thema ist. und jetzt werden sie feministen, weil sie kapiert haben, dass es ohne die frauenstimmen nicht gehen wird, die kommenden wahlen zu gewinnen. mir wird schlecht und es ist lächerlich, für wie dämlich halten die uns, frag ich mich. da nützen auch sogenannte frontfrauen wenig, wenn ewig und immer das gleiche spiel gespielt und aufrechterhalten wird. ich für meinen teil werde mir sehr genau anschauen und zuhören, welche konkreten pläne es gibt, um die situation und den gesellschaftlichen status von frauen zu verbessern und dem von männern, was beruf, finanzielle ressourcen und lebensausdruck anbelangt, anzupassen.