Blick zurück

Vor mir steht die Summe eines langen Lebens. Dass dieses Leben lang zu nennen ist, ist Auslegungssache. Ich bin mir meines großen Erfahrungsschatzes bewusst ebenso wie aller möglichen Verschleißerscheinungen, die ein alter Körper so mit sich bringt. Aber ich bin überrascht, dass ich schon so weit gekommen bin.

Das hätte niemand ahnen können, dass dieses kleine Griechenmädchen in den Nachkriegsjahren in Deutschland, das in Armut lebte und deren Chancen im Leben exakt mit Null beziffert werden konnte, ein so buntes und ereignisreiches Leben führen durfte. Das ist, natürlich ein subjektiver Eindruck. Aber das zählt ja auch.

Ich betrat die Bühne der Frauenbewegung als Aktive erst spät, als sie beinahe schon beendet war, nämlich in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts.

„Die wilde Frau“ schlug Wellen. Der Verlag Hoffmann & Campe hatte anfangs große Bedenken, das Werk zu veröffentlichen und als die erste Auflage nach drei Monaten schon vergriffen war, wollte man nicht nachdrucken, weil sich keiner von den Verlagsmachos vorstellen konnte, dass sich das Ding noch weiter verkaufen würde. Schrankenfeminismus nannte man das damals. Man veröffentlichte, aber man konnte die Schranke herunterfallen lassen, wenn es zu erfolgreich wurde. Eigentlich unvorstellbar, dass die sogar bereit waren, auf einen fetten Umsatz zu verzichten, nur um diese aufmüpfigen Weiber nicht noch stärker werden zu lassen. “Die wilde Frau” verkaufte sich übrigens 22 Jahre lang. Ich habe irgendwann aufgehört, die Auflagen zu zählen. Ab dem übernächsten Buch (Mama ante portas) wechselte ich dann zum Verlag Frauenoffensive und war nun ganz offiziell in der Frauenbewegung angekommen. Aber auch dort war man nicht unbedingt begeistert und verzichtete lieber auf Umsatz. Zum Beispiel die Frauenbuchläden in München und Wien, die Käuferinnen von meinen Büchern abrieten oder behaupteten, die Bücher seien gar nicht mehr erhältlich.

Aber ich war nicht aufzuhalten.