- - - 12. Januar 2024 - - -

Menschen sind bei uns eine Minderheit

Der Rohrberghof hat seine eigene Persönlichkeit. Das mag manchen Leser/innen blödsinnig vorkommen. Aber ich glaube daran, dass sich ein umgrenztes Gebiet, besucht und belebt von allen möglichen Lebewesen zu einem unsichtbaren, aber eigenen “Gebilde” entwickelt. So etwas wie eine unsichtbare soziale Skulptur. Wenn man genau hinschaut, so bietet jedes Haus, jeder Hof, jedes Schloss oder Gebäude die Bühne für immer dasselbe Geschehen, auch wenn die Bewohner von Generation zu Generation, von Käuferin zu Käufer wechseln, so folgen alle doch einem Thema, das sich immer wieder zeigt.

Das war am Schlangenberg so, und auch in der Blauen Villa, die ich in Gleichenberg bewohnte. Interessanterweise weiß man immer erst dann, wo man gelandet ist, wenn man sich schon mittendrin im Drama befindet.

Hier am Rohrberghof sind wir zwar schon mittendrin, aber so ganz hat es sich noch nicht erschlossen, an welchem “Spiel” wir teilnehmen. Zwei Dinge kann man ganz sicher sagen: Es gibt viel, sehr viel Arbeit und: wir Menschen sind in der Minderheit. Die Schafe, die Hühner, die Hunde, die Katzen – sie sind die eigentlichen Bewohner. Keiner von ihnen muss Futter und Obdach, Fürsorge und medizinische Versorgung mit seinem Leben bezahlen, aber sich an Regeln halten. Hunde dürfen Schafe, Hühner und Katzen nicht jagen, Schafe müssen auf ihren Weiden bleiben und unsere Felder und Gemüsebeete meiden, und so weiter. Und wir müssen dafür sorgen, dass alle zu fressen und es warm, trocken und sauber haben. Was wir dafür bekommen? Nun, nicht ihr Fleisch, aber die Wolle, die Eier, die Mäusebekämpfung und die Bewachung des Hofes. Und bald, so hoffen wir, werden sie Partner für junge Menschen, die es aufgrund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung etwas schwerer haben, ins Leben zu finden, und die lernen wollen, wie wunderbar Gartenarbeit und Tierbetreuung für Seele und Geist ist.

- - - 7. Januar 2024 - - -

Leben auf dem Rohrberghof

Bei uns passiert nicht viel, und davon nur wenig. Herrlich!

Meine letzte große, mein Leben wieder völlig verändernde Entscheidung war, gemeinsam mit meiner jüngsten Tochter auf den Rohrberghof zu ziehen. 2021 packten wir alles, was wir hatten, zusammen, setzten die Schafe auf einen Transporter und zogen nach neun Jahren in Bad Gleichenberg wieder zurück in ein rurales Landleben wie einst auf dem Schlangenberg, der nur eine Viertelstunde vom Rohrberghof entfernt ist.

Es war wie heimkommen. Viele Nachbarn begrüßten uns erfreut, als wären wir nur kurz weg gewesen. Und im Gegensatz zu den Jahren am Schlangenberg, wurden wir diesmal als Bäuerinnen anerkannt und in die Gemeinschaft aufgenommen. Damals, in meinen wilden Jahren, blieb ich auf Distanz, um die Geschichten über das Dorfleben frei schreiben zu können. Und die Nachbarn blieben auf Distanz vor lauter Angst, in einem meiner Romane vorzukommen.

Der Rohrberghof hat ca. 8 ha, die wir selbst bewirtschaften. Wir haben Schafe, dazu, Hühner, Hunde und Katzen. Die letzten zwei Rosellasittiche, die nach 23 Jahren immer noch am Leben sind, haben wir auch dabei und – nicht zu vergessen – eine halbzahme Nebelkrähe, die ich einst zwei Jahre lang in einer Voliere gepflegt hatte, bevor ich sie wieder in die Freiheit entließ, und die uns selbständig hierher gefolgt ist und nun mit uns auf dem Hof lebt. Sie ist zwar frei, aber sie wird von mir regelmäßig gefüttert.

Wir bauen Gemüse an (mit Schwerpunkt Tomaten) und auf den Feldern alles außer Mais, also Soja, Sonnenblumen, Weizen, Hafer, Gerste.

Der Hof ist so ausgebaut, dass die behinderten Patient/innen meiner Tochter hier Ferienbetreuung finden und demnächst auch eine Tagesstätte für behinderte Jugendliche und junge Erwachsene ihre Tore öffnet.

Mein Part dabei ist klein. Ich bin gern die Altbäuerin im Hintergrund. Ich schreibe. Neben der Versorgung der Tiere mein Lebenselixier. Wie immer. Ohne beides könnte ich nicht leben: Meine Tiere und das Schreiben.